Show und Politik mit Herzblut
August 2015: Oberbürgermeisterkandidat und Theater-Prinzipal Christian Stratmann
Christian, du hast mit dem Mondpalast-Theater und deinem Revuepalast hier eine bunte Spielstätte geschaffen. Wie kam es dazu und was hat sich hier alles entfalten können? Wir eröffneten 2009 den Revue-Palast Ruhr in der denkmalgeschützten Heizzentrale des im Jahre 2000 stillgelegten Bergwerks Ewald in Herten. Das historische Gebäude ist seitdem der Spielort für die farbenprächtigen Travestieshows des Essener Ensembles Femme Fatale und immer wieder haben neue Shows Premiere. Die nächste ist am 18.9. mit „Jeanny - Man(n) kann auch anders”. Außerdem sendet der ARD Sportschau-Club nach wichtigen Fußballspielen seit 2013 live aus der „Untertagebar“ der Hertener Showbühne. Als selbstbewusster schwuler Unternehmer bist du erfolgreich und setzt dich auch als liberaler Politiker für die Gleichberechtigung ein. Möchtest du auch ein Vorbild für die heranwachsende Jugend sein? Ich finde grundsätzlich müssen wir zurzeit sehr achtsam sein bezüglich antischwuler Tendenzen. Sicher auch in Russland, aber ich meine auch hier in Deutschland. Zugegebenermaßen ist seit meiner Jugend hinsichtlich Toleranz und Akzeptanz viel passiert. Aber wir haben dafür auch hart kämpfen müssen. Nichts kommt von allein. Und wir werden weiter kämpfen müssen und achtsam sein, dass es kein Rollback gibt. Eine wie auch immer geartete Krise, und alles kann sich verändern. Wichtig ist, wir müssen offen sein und ebenso leben. Insofern will ich gerne Vorbild sein. Ich habe dafür gearbeitet, viel riskiert, aber auch Glück gehabt, dass ich heute weitestgehend so leben kann, wie ich es möchte. Vor allen Dingen auch „offen schwul” leben zu können ist wichtig. Ich bin nicht nur schwul, aber es gehört eben zu meinem Leben, wie heterosexuell zu sein, zu anderen Leben gehört. Der Jugend würde ich mehr Mut und Risikobereitschaft wünschen. Wir haben nur das eine Leben - dazu gehört auch das Scheitern. Aber auch Erfolg! Nicht für jeden ist berufliche Selbstständigkeit eine Alternative. Aber eben auch nicht jeder möchte sein Leben lang Chefs vor der Nase haben. Einfach ausbrechen und auch mal etwas riskieren können - das würde ich nicht nur vielen Schwulen wünschen!” Du hast dich als Oberbürgermeisterkandidat für die FDP in Essen für die kommende OB-Wahl aufstellen lassen. Was möchtest du damit bewirken, immerhin ist die Chance zu gewinnen nicht sehr groß, oder? Ich darf es mal humorvoll beantworten: Es wäre ein wenig vermessen von mir, realistisch davon auszugehen, dass ich im ersten Wahlgang zum OB gewählt werde. Mir geht es vielmehr darum, dass die FDP auch in Essen zu einem solchen Anlass Flagge zeigt. Die FDP in Essen macht eine gute Arbeit. Vor allen Dingen auch die Ratsfraktion. Deshalb benötigen wir zur Bestätigung dieser Arbeit ein akzeptables Ergebnis. Grundsätzlich wird die Freiheit der Bürger immer weiter eingeschränkt. Wir werden absichtlich klein und |
unmündig gehalten. Denn mit unmündigen Bürgern hat man leichtes Spiel! Für wie blöde wir gehalten werden, zeigen schon die Geschwindigkeitsvorgaben auf der A 40: alle 500 Meter eine andere, neue Tempovorgabe. Als wenn wir nicht wüssten, dass eine Kurve anders zu befahren ist, als eine gerade Strecke. Und dass es regnet, sehen wir nicht nur durch entsprechende Hinweisschilder! Das Denken übernehmen andere. Das will ich nicht immer und überall! Von Überwachung der Bürger will ich gar nicht erst reden. Da sind wir schon so weit, dass mir Angst und Bange wird. Eine starke liberale Partei ist so notwendig, wie schon lange nicht mehr! Was soll denn konkret für Schwule, Lesben und Trans* besser werden? Ich will auch Politik für die Community machen. Lippenbekenntnisse reichen da nicht! Ich will in Essen mehr schwules Leben sichtbar machen. Ein Oberbürgermeister muss fragen, neugierig sein und innovative Ideen haben. Das vermisse ich in Essen und bei den anderen Kandidaten. Natürlich ist die endgültige Verankerung der Koordinierungs-stelle und die Ausarbeitung des Handlungsprogramms mit mehr Vollgas voranzutreiben. Neben einer angedrohten Sexsteuer für Essen war ja gerade die Zeche Zollverein negativ aufgefallen... Ja, das war peinlich für Essen. Es ist eben nicht so, dass die Verantwortlichen aus einem Missverständnis heraus ein „Schwulenevent” abgelehnt haben. Nein, sie haben es genauso gemeint, wie sie es gesagt bzw. geschrieben haben: keine Schwulen auf unserem hochheiligen Weltkulturerbe! Davon bin ich fest überzeugt. Was fällt denen eigentlich ein? Genau das meinte ich mit Achtsamkeit und Mut, solche Fehlentwicklungen im Keime zu ersticken! Das ist hier großartig gelungen. Die für die Absage Verantwortlichen werden sich das Ergebnis ihrer schrägen Entscheidung hinter die Ohren schreiben. Gut so! |
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